Ressourcenwende
Der Bausektor ist einer der Hauptverursacher von CO2: 60 Prozent des Abfallaufkommens und 40 Prozent des globalen Treibhausgasausstoßes sind auf den Bausektor zurückzuführen. Für den Klimaschutz in Schleswig-Holstein wollen wir diese Werte deutlich reduzieren. Um das zu erreichen, braucht es ein Umdenken weg von einer Linearwirtschaft hin zu einer Kreislaufwirtschaft im Bausektor. Mit einem verantwortungsvollen, kreislaufgerechten Umgang mit Ressourcen jeglicher Art wollen wir eine Ressourcenwende anstreben.
Der ökologisch sinnvollste Umgang mit Ressourcen ist der Bestandsschutz. Denn Neubauten benötigen viel Energie und Ressourcen. Die Herstellung von Baustoffen ist weltweit der klimaschädlichste Treiber. Ressourcenschonung umfasst eine absolute Einsparung von Ressourcen, insbesondere von primären Rohstoffen. Ein schonender Umgang mit natürlichen Ressourcen steigert die Ressourceneffizienz und verringert die Auswirkungen auf die Umwelt. Ressourceneffizienz muss jedoch nicht bedeuten, dass man auf Baustoffe mit einer schlechten CO2-Bilanz ganz verzichten muss. Es gilt vielmehr, die Ressourcen zu nutzen, die bereits verfügbar gemacht worden sind. Um das zu erreichen, befassen wir uns mit dem Einsatz von Recycling-Baustoffen und mit ganzheitlichen Konzepten wie dem Urban Mining.
Urban Mining
Um Schleswig-Holstein für die Zukunft nachhaltig aufzustellen, müssen wir nicht nur bewusster mit der Auswahl der Baustoffe umgehen, sondern auch mit ihrem Einsatz. Beim Urban Mining werden aus langlebigen Gütern möglichst früh die bestmöglichen Verwertungszwecke abgeleitet, denn der nachhaltigste Baustoff ist der, der nicht mehr hergestellt werden muss, sondern der wiederverwendet werden kann. Bei dem Prinzip von Urban Mining wird die Stadt als Rohstofflager verstanden, in der ein ständiger Kreislauf aus Rückbau und Einbau von vorhandenen Bauteilen und Baustoffen stattfindet. Dadurch wird der hohe Energieaufwand bei der Gewinnung von Primärrohstoffen eingespart.
Bei der Sanierung der Fakultätenblöcke an der Uni Kiel wenden wir zum ersten Mal Betonrecycling an und verwenden die vorhandene Bausubstanz als ‚urbane Mine‘ für einen Erweiterungsbau.
Urban Mining ist ein Baustein für eine Kreislaufwirtschaft im Bausektor.
Reduce – Baustoffe reduzieren: Steigerung der Effizienz bei der Produktherstellung oder Produktnutzung durch einen geringeren Verbrauch von natürlichen Ressourcen und Materialien.
Reuse – Baustoffe wiederverwenden: funktionsfähige Produkte wiederverwenden.
Refurbish – Baustoffe aufbereiten: alte Produkte aufarbeiten und auf den neuesten Stand bringen.
Repair – Bauteile reparieren: Produkte warten und durch Instandsetzung weiternutzen.
Recycling – Baustoffe wiederverwerten: Aufbereiten von Materialien, um eine hohe Qualität zu erhalten und sie wieder in den Materialkreis zurückzuführen.
Die Herstellung neuer Baustoffe und das Recycling benötigen einen höheren Energieaufwand als eine direkte Wiederverwendung. Darum wird in einer Kreislaufwirtschaft das Reuse dem Recycling vorgezogen. Weil mit dem Urban Mining der Bedarf an Baustoffen nicht gedeckt werden kann, beschäftigen wir uns zusätzlich mit nachhaltig hergestellten Baustoffen und Baustoffen aus nachhaltigen und nachwachsenden Materialien.
Nachhaltige Baustoffe
Nachhaltige Baustoffe bestehen aus nachwachsenden, gut recycelbaren Rohstoffen und überzeugen durch ihre energiearme Herstellung. Idealerweise sind sie regional verfügbar und haben kurze Transportwege. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien können Holz, Lehm, Ziegel, Natursteine, Reet, Jute, Stroh und Kies sowie Naturlacke und Kreidefarben nachhaltige Baustoffe sein.
Ein natürlicher Rohstoff ist jedoch nicht immer gleichbedeutend mit einem ökologisch sinnvollen Baustoff. Durch einen hohen Energieaufwand bei der Produktion, durch lange Transportwege oder durch chemische Bindemittel verliert ein nachhaltiger Baustoff schnell seine positive Ökobilanz.
Nachhaltige Baustoffe haben eine geringe Umweltbelastung. Die Umweltbelastung eines Baustoffs kann anhand folgender Kriterien bewertet werden:
- Herkunft und Rohstoffgewinnung: erneuerbar oder endlich, Energieaufwand für den Abbau, mögliche Umweltschäden
- Herstellung: Energieaufwand, Umweltbelastung, Einsatz von problematischen Hilfsstoffen
- Transportaufwand von Rohstoffen und fertigen Produkten: Distanz zwischen Rohstoffgewinnung, Herstellung, Vertrieb und Verarbeitung
- Lebensdauer und Reparaturfreundlichkeit
- mögliche Schadstoffbelastung aus den Rohstoffen, Verbundstoffen, dem Produktionsprozess oder der Verarbeitung
- CO2-Bilanz über den Lebenszyklus
- Energiebilanz mit Herstellungsaufwand bzw. energetische Kennwerte des fertigen Bauteils
- sortenreiner Baustoff oder Verbundstoff
- Entsorgung und Wiederverwertbarkeit
Auch gesundheitliche Aspekte für den Menschen können bei der Bewertung von Baustoffen eine wichtige Rolle spielen, wenn z.B. die Schadstoffbelastung minimiert, Gerüche vermieden und ein behagliches Raumklima geschaffen werden sollen.
Freilichtmuseum Molfsee, Jahr100Haus: Ein echter Hingucker ist das Holztragewerk in der 12 Meter hohen Eingangshalle.
Neubau für die Hochschule Flensburg: In den Fluren soll Holz als sichtbares Gestaltungselement für die Kommunikationsflächen als Teil der modernen Arbeitswelten dienen. © Schmieder. Dau. Architekten. BDA
Beispiel Holz
Pro Kubikmeter Holz wird über die Nutzungszeit eine Tonne CO2 gebunden. Erst durch energetische Verwertung wird das CO2 wieder freigesetzt. Die nachhaltige Nutzung von Holz hängt maßgeblich von der Verwertungsoption am Ende der Nutzungsphase ab: Holz ist nur dann nachhaltig, wenn es im Kreislauf geführt wird und der Kohlenstoff über möglichst lange Zeit gespeichert bleibt.
Bevor Holz wieder- oder weiterverwendet wird, muss seine Schadstoffbelastung beurteilt werden. Schadstoffbelastetes Holz (Altholzklasse IV) muss erfasst und entsorgt werden. Schadstofffreie Holzbauteile können wiederverwendet werden. Bei tragenden Bauteilen ist vorher ein zusätzliches Gutachten erforderlich.